Die beiden Handball-Zweitligisten aus dem Bergischen Land verfolgen in der Vorbereitung auf die kommende Saison unterschiedliche Wege.
Die älteste Mannschaft in der zweiten Handball-Bundesliga der Frauen hatte der TVB in den vergangenen Jahren nie, daran wird sich wohl auch in der kommenden Saison nichts ändern. Im Gegenteil: Nach den jüngst präsentierten Zugängen sind die Wuppertaler Handballgirls auf dem besten Wege, die jüngste Mannschaft der Liga zu stellen.
Nach einer verbrauchten Saison, die man rund um die Buschenburg am liebsten schnell vergessen würde, sind die Verantwortlichen um TVB-Chef Norbert Koch froh, mit einem blauen Auge davon gekommen zu sein. Auch wenn Koch immer noch davon überzeugt ist, dass man mit Interimstrainer Dieter Trippen, der bereits zum dritten Mal beim TVB an der Seitenlinie stand, den Klassenerhalt auch sportlich geschafft hätte, dürfte der Saisonabbruch für die Nerven des TVB-Chefs gesünder gewesen sein. Ohnehin teilten nicht viele TVB-Beobachter die Zuversicht Kochs. Zur Wahrheit gehört auch, dass der engagierte Funktionär mit seinen handwerklichen Fehlern, zu Beginn der Saison selbst dazu beitrug, dass die Krise seines familiären Vereins, in dem er über viele Jahre ein glückliches Händchen bewies, den Club fast gegen die Wand gefahren hätte.
Die Wahl von Trainerin Dagmara Kowalksa als Nachfolgerin für den in die Heimat abgewanderten Martin Schwarzwald im Nachhinein als falsch zu bezeichnen, wäre – auch im Hinblick auf die vielen Warnungen – zu einfach. Doch die Mannschaft trotz einer nicht optimal verlaufenden Vorbereitung unter den ersten fünf Teams zu sehen, war von Koch und Co. wohl zu naiv gedacht. Auch im Umgang mit der Krise zeigte sich das Führungsduo Koch/Müller nicht immer sattelfest. Zulange wurden die offensichtlichen Signale des Teams überhört. Mit der Ankündigung, im Falle des Abstiegs keine Mannschaft für die dritte Liga zu melden, hat der rührige Vereinsmensch Koch selbst seinen nervenstärksten Spielerinnen einen Rucksack voller Steine auferlegt, der im Kampf um den Klassenerhalt zu schwer zu sein schien. „Ich wollte ihnen klar zu verstehen geben, dass wir ihnen vertrauen und uns mit der dritten Liga nicht befassen“, erklärte Koch nach der Saison. Ein an sich guter und nachvollziehbarer Gedanke, der allerdings wie vieles in der abgelaufenen Saison mehr schlecht als recht kommuniziert wurde.
Mit der Verpflichtung von Kurzzeit-Trainer Dieter Trappen schien Koch am Ende allerdings die richtige Verpflichtung getätigt zu haben. Der erfahrene Coach schien auch bei seiner dritten, kürzesten und zugleich schwierigsten Mission auf dem Weg zu sein, den Knoten zu lösen. „In der ersten Woche war es sicherlich schwierig, weil wir bis zum Abend vor dem Spiel nicht wussten, wen wir einsetzen können. Im Nachgang fand ich es fast schade, dass die Saison abgebrochen wurde, weil der Mannschaft damit die Chance genommen wurde, noch zu zeigen, wozu sie fähig war. Ich bin mir sicher, dass wir schon gegen Rödental gewonnen hätten“, so Trippen.
In der neuen Saison setzen die TVB-Verantwortlichen mit Dominik Schlechter wieder auf einen Trainer der jungen Generation. „Wir sind von seinen Plänen und Ideen überzeugt“, betont Stefan Müller und betont, dass Schlechter einen guten Ruf genießt. „Natürlich ist uns allen klar, dass hier im vergangenen Jahr vieles nicht so gelaufen ist, wie man es sich vorgestellt hat. Deshalb müssen wir alle gemeinsam in die Zukunft schauen und richtig Entscheidungen treffen“, sagt der Verwaltungsangestellte, der mit einer klaren Vorstellung und Überzeugung an seine neue Aufgabe herangeht.
Die Abgänge von Anna-Lena Tomlik (Karriereende), Sophia Michaelidis (Handball-Pause), Luisa Knippert (VfL Oldenburg), Hannah Kamp (SG 09 Kirchhof), Silvia Szücs (Fortuna Düsseldorf), Melina Fabisch, Natascha Krückemeier (beide HSV Solingen-Gräfrath) zwingen den TVB zu einem starken und vielleicht sogar schmerzhaften Umbruch. Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe stand zudem hinter Natalie Adeberg ein Fragezeichen. Die Rückraumspielern versucht aktuell zu sondieren, wie sie die immer größer werdende Herausforderung des Leistungshandballs bewältigen kann. Der Umbruch scheint Dominik Schlechter aber nicht abzuschrecken. „Wir nehmen die Situation jetzt so an, wie sie ist und wollen die Chance nutzen, eine Mannschaft zu entwickeln“, sagt Schlechter. Um das Trio Dana Centini, Michelle Stefes und Ramona Ruthenbeck sowie möglicherweise Adeberg will der Coach eine junge Truppe aufbauen, die den Fans wieder Spaß bereitet. Auch Zugang Hanna Wagner vom FC Köln bringt mit ihren 27 Jahren reichlich Erfahrung im Handball-Sport mit. „Die Zukunft mit jungen Talenten aus der Region aufzubauen, ist der Weg von Dominik, hinter dem wir zu 100 Prozent stehen“, sagt Müller voller Überzeugung.
Mit Katja Grewe (Tor), Anna-Lena Bergmann (Rückraum) und Norwegerin Ida Krogh (Kreis) sind die ersten Zugänge bereits vollzogen. Außerdem wurden Zoe Stens (PSV Recklinghausen), Ina Weisz (TV Aldeker) und Jule Kürten (TB Wülfrath) mit einem Zweitspielrecht ausgestattet, so dass rund um den Zweitligisten Aufbruchstimmung herrscht. Vielleicht tut die Verjüngungskur auch dem Umfeld des TV Beyeröhde gut. Schließlich hat das Duo Koch/Müller vor Jahren schon einmal mit zahlreichen Helfern eine junge Mannschaft in einem familiären Verein bis in die Spitze der zweiten Bundesliga geführt.
HSV hat die Chance zur Wachablösung im Bergischen
Freuen dürfen sich die Fans definitiv auch im kommenden Jahr über zwei Derbys im Bergischen. Schon vor dem Saisonabbruch war bekannt gegeben worden, dass es keine sportlichen Absteiger geben würde. Somit bleiben auch die Frauen des HSV Solingen-Gräfrath in der Liga.Somit haben sich die Bemühungen von Gräfraths „Macher“ Stefan Bögel, trotz des fast aussichtslosen Rückstands einen Lizenzantrag einzureichen, doch gelohnt. Das sowas nicht selbstverständlich ist, hat ein anderer Solinger, nämlich Stefan Nippes als Manager der HSG Krefeld, schmerzhaft erfahren müssen. Weil die „Eagles“ völlig abgeschlagen keine Lizenz beantragt haben, müssen sie nun als einziger Bundesligaclub den Weg in die 3.Bundesliga gehen.„Natürlich mussten wir uns auch Gedanken machen, ob wir uns das Geld nicht sparen. Aber wir wollten den Mädels zeigen, dass wir an sie glauben, dass sie es auch sportlich noch packen können“,erinnert sich Bögel. Zumal die Mannschaft um die Zwillinge Sandra Münch/Mandy Reinarz sowie der Wuppertalerin Franziska Penz eine unglaubliche Aufholjagd starteten. „Es ist jetzt spekulativ, ob wir es nicht mehrgeschafft hätten, oder nicht. Das ist ja jetzt auch egal. Jetzt haben wir allerdings einen Vorteil: Wir haben alle unsere Erfahrungen gemacht und kennen die Liga“, sagt Kerstin Reckenthäler. Sie wünscht sich in der kommenden Saison eine andere Herangehensweise ihrer Mädels.
Helfen sollen dabei auch die erfahrenen Spielerinnen wie Torhüterin Natascha Krückemeier und Linkshänderin Melina Fabisch, die neu zum Team dazugestoßen sind. Damit könnte auch der Weggang von Sandra Münch (Karriereende) kompensiert werden. Viele wünschen sich allerdings, dass Münch ihre Entscheidung noch einmal überdenkt und am Ende doch wieder auf der Platte steht. Es scheint jedenfalls möglich, dass der HSV einen Machtwechsel in der Region einleitet und am TVB vorbeizieht. Stefan Bögel betont aber auch, dass es für die Region gut und wichtig sei. „Man hat ja bei den Spielen gesehen, wie sehr die Zuschauer die Derbys angenommen haben“, sagt Bögel. Er freue sich auf die Duelle in der kommenden Spielzeit.